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Ludwig-Marum-Tag

Montagmorgen, 8:00 Uhr - der Alptraum eines jeden Schülers. Das Wochenende liegt noch schwer in den Knochen. Doch nicht am 26. Februar für uns Schülerinnen und Schüler des Ludwig- Marum-Gymnasiums! Voller Vorfreude und gespannt auf das, was passieren wird, versammelten wir uns in der Sporthalle. Es sollte der Start eines außergewöhnlichen Tages werden, der ganz im Zeichen unseres Namensgebers, Ludwig Marum, stand. Ein Begriff war er jedem von uns. Kaum zu übersehen sind die - zugegeben etwas heruntergekommenen - roten Buchstaben, die den Eingang unserer Schule schmücken und die wir alle jeden Morgen beim Betreten des Schulhauses erblicken.

Doch vielen Schülerinnen und Schülern war bis zu diesem Tag bestimmt nicht klar, warum die Gründer unserer Schule gerade ihn als Namensgeber auserwählt hatten. Was macht diesen Juristen und Sozialdemokraten so besonders? Spätestens nach dem heutigen Tag war uns allen klar: Er kämpfte unerbittlich für „das wichtigste Hab und Gut unserer Gesellschaft“ - um einen Schüler aus der 11. Klasse zu zitieren - die Demokratie.

Frau Engelmann eröffnete den Tag mit einer prägnanten Rede, in welcher sie zunächst einen Einblick in Ludwig Marums Schaffen und Wirken gab, bevor sie von ihrer eigenen Schulzeit in Rumänien berichtete, wo zur damaligen Zeit ein kommunistisches System herrschte. „Schule, wie sie heute ist, gab es damals nicht." - nach diesem Denkanstoß und einer musikalischen Darbietung der siebten Klasse ging es für die Schülerinnen und Schüler in ihre Klassen, wo sie sich mit verschiedenen Themen rund um die Demokratie befassten.

„Wer ist dein Vorbild?“- Mit dieser Frage beschäftigten sich die Schülerinnen und Schüler der 5. Klassen am Ludwig-Marum-Tag. Um zunächst ein bisschen kreativ zu werden, sollte jeder sein eigenes Vorbild als Ausmalbild gestalten und Gründe suchen, was diese Person zum Vorbild macht. Viele wählten Sportler wie Michael Jordan, aber auch Familienmitgliedern wurde eine Vorbildfunktion zugeschrieben. „Ich möchte selbst berühmt werden“ und „Man sieht, dass die eigenen Träume gelebt werden können“ waren nur zwei der vielen Gründe, warum eine Person zum Vorbild erkoren wurde. Mit dieser Aufgabe wurde zu der Frage übergeleitet, was Ludwig Marum zum Vorbild unserer Schule macht. Die Schülerinnen und Schüler haben gelernt, dass der Namensgeber gütig, großzügig und mutig war und die Rechte der Juden verteidigte. Dabei lernten die Fünftklässler neue Begriffe wie Antisemitismus und Zivilcourage kennen. Danach haben sie sich mit dem Lebenslauf von Ludwig Marum beschäftigt, wobei einige Tatsachen, wie der frühe Tod seines Vaters mit bereits 39 Jahren, für viele entsetzte Gesichter sorgte. Anschließend fand im Schulhaus eine Suche nach Spuren Ludwig Marums in Form einer kleinen Rallye statt, die danach gemeinsam ausgewertet wurde.

Das Thema der 6. Klassen war „Flucht und Vertreibung“. Mit Hilfe des Katalogs „Ein Leben für Recht und Republik“ wurde sich mit dem Leben von Ludwig Marums Familie nach seinem Tod auseinandergesetzt. Unter anderem wurde auf seine jüngste Tochter Brigitte Marum eingegangen, die nach dem Tod ihres Vaters 1934 mit ihrer Familie nach Paris emigrierte. Auch Brigitte verlor 10 Jahre später in einem Vernichtungslager ihr Leben. Ihr Sohn konnte gerettet werden und lebt heute in Israel. Auch in der 6. Klasse durften die Schülerinnen und Schüler anschließend als Rallye in unserem Schulhaus die Spuren Ludwig Marums verfolgen. Außerdem bereiteten sie Aufgaben für die kommenden Fünftklässler vor, damit diese das Schulgebäude und dessen Namensgeber besser kennenlernen können.

Die 7. und 8. Stufe beschäftigte sich am Ludwig-Marum-Tag mit Antisemitismus und Verschwörungstheorien. Dazu schauten sie beispielsweise den Film „Völlig meschugge?!“. Hier wird die Freundschaft von drei Jungen durch antisemitische Vorurteile und Ausgrenzung auf die Probe gestellt. Nach dem Film haben die Schüler und Schülerinnen die Möglichkeit, sich noch weiter über verschiedene Religionen zu informieren und darüber nachzudenken, wie Ausgrenzung und Antisemitismus zustande kommen. Die Klasse ist sich einig: Egal welcher Religion man angehört, wir sind alle Menschen und sollten die gleichen Rechte haben. Deshalb sollten wir uns alle gegen Rassismus und Antisemitismus einsetzen. Wie Antisemitismus entsteht, lernten die Klassen mithilfe einer Stationenarbeit. Diese drehte sich um Vorurteile und Gerüchte über Juden. Sie nahmen zu diesen Aussagen Stellungen und diskutierten in Gruppen, ob die Aussagen wahr sind. Dabei lernten die Schüler und Schülerinnen, wie Gerüchte entstehen und welchem Zweck sie dienen. Ihnen fiel auf, dass viele Aussagen sehr fehlerhaft sind und oft Einzelfälle verallgemeinert werden. Daraus ergeben sich Aussagen, die nicht auf die breite Masse zutreffen und somit zu einem falschen Gesellschaftsbild führen. Ihre Gedanken dazu konnten sie auf Plakaten festhalten. Eine Aussage lautete: „Die Rothschilds waren im 19. Jahrhundert eine einflussreiche jüdische Bankiersfamilie. Das ist der Beweis dafür, dass Jüdinnen und Juden die Banken kontrollieren.“ Die Gruppe stellte fest, dass diese Aussage nicht nachvollziehbar ist. Einige Gedanken dazu waren: „Man kann eine solche Aussage nicht nur an einem Beispiel festmachen“, „Auch Christen haben viel Einfluss auf Banken“ und „Das Bankwesen ändert sich, dadurch verlieren die Familien an Macht“. Anschließend wurden die individuellen Gedanken noch mit informativen Hintergrundtexten ergänzt und zum Teil korrigiert. Schlussendlich wurde die Thematik der Verbreitung von Verschwörungstheorien noch mehr auf Antisemitismus konkretisiert und es kam zu einer endgültigen Auswertung, um die Mechanismen zu verstehen. Klar wurde, wie wichtig es ist, Aussagen immer kritisch zu hinterfragen, um sich vor dem gefährlichen Einfluss von Verschwörungstheorien zu schützen.

Die 9. Klasse machte einen Ausflug nach Karlsruhe, um dort den Spuren des Nationalsozialismus nachzugehen. Es wurden verschiedene Stationen der nationalsozialistischen Herrschaft besichtigt, zu denen die Schülerinnen und Schüler im Vorfeld in kleinen Gruppen Präsentationen vorbereitet hatten. Die erste Station war das Mahnmal Gurs, das an die Deportationen der badischen Jüdinnen und Juden in das Konzentrationslager Gurs erinnert. Auch die Familie Marum wurde in dieses Lager deportiert. Eine weitere sehr bewegende Station war der Platz der ehemaligen Synagoge in der Kronenstraße, der an die Gräueltaten der Reichspogromnacht erinnert. In der Nacht vom 9. auf den 10. November wurden im Deutschen Reich Synagogen in Brand gesteckt, jüdische Geschäfte zerstört und Wohnungen verwüstet. Tausende Jüdinnen und Juden wurden misshandelt und getötet. Auch Karlsruhe verlor Synagogen und war Schauplatz von Terrorakten. Die Pogrome bildeten den Übergang von der Diskriminierung der Juden zur systematischen Verfolgung, die knapp drei Jahre später in den Holocaust mündete. Die jüdischen Menschen mussten unvorstellbar viel Hass und Gewalt erfahren. Gerade in der aktuellen Zeit wird einem aufgrund des eskalierenden Nahostkonflikts sowie auch des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine wieder einmal vor Augen geführt, wie dankbar man sein sollte, kein Opfer grausamer Gewalttaten zu sein. Daran erinnerten auch die ukrainischen Schülerinnen und Schüler der 9. Klasse, was ihre Mitschülerinnen und Mitschüler sichtlich bewegte. Anschließend schrieben sie noch auf kleine Zettel, worauf sie künftig in ihrem Alltag mehr achten wollen. Die Zettel wurden im Schulhaus aufgehängt und erinnern uns daran, wie dankbar man für ein friedliches Zusammenleben sein sollte und dass wir alle dazu beitragen müssen.

Die 10. Klassen beschäftigten sich bei einer Stationenarbeit mit dem Thema „Menschenrechte“. In den verschiedenen Stationen setzten sich die Schülerinnen und Schüler mit der Entwicklung der Menschrechte auseinander und erhielten durch das Bearbeiten themenbezogener Aufgaben ein Bewusstsein und Verständnis für die Bedeutung der Menschrechte, die heute in Deutschland gelten. Bei dem Vergleich von Menschrechten im Römischen Reich und in der BRD wurde den Schülerinnen und Schülern deutlich, dass Menschenrechte, die für sie heute selbstverständlich erscheinen, lange erarbeitet werden mussten. In einer angenehmen Atmosphäre wurde über Menschrechte und Demokratie diskutiert. Hierbei kam des Öfteren zum Ausdruck, wie dankbar man für die Entwicklung der Menschrechte ist. Das Rechtssystem im Römischen Reich wurde von den Schülerinnen und Schülern als ungerecht und brutal bezeichnet, während gleichzeitig die Wertschätzung für unser heutiges Rechtssystem geäußert wurde.

Die Oberstufe beschäftigte sich zum diesjährigen Ludwig-Marum-Tag mit verschiedenen Persönlichkeiten, die sowohl auf nationaler als auch internationaler Ebene den Weg der Demokratie geebnet haben. Hierbei fanden sich die Schülerinnen und Schüler in Gruppen zusammen, bearbeiteten Material zur zugewiesenen Person und erstellten ein Ausstellungsplakat zu Leben und Wirken derselben. Zur Auswahl standen „100 Köpfe der Demokratie“ aus dem 19. und 20. Jahrhundert, bspw. Philipp Jakob Siebenpfeiffer, Walther Rathenau oder Regine Hildebrandt. Die angehenden AbiturientInnen bewerteten die Haltungen kritisch und stellten fest, dass nicht alle dieser Köpfe unreflektiert als Vorbilder angesehen werden können. So engagierte sich Johann Georg August Wirth zum Beispiel für die Pressefreiheit und die Mitbestimmung des Volkes – sein Weltbild jedoch, geprägt von rassischen Ideologien, wonach das deutsche Volk allen anderen überlegen sei, ist aus heutiger Sicht nicht mehr vertretbar. In Kürze werden die Plakate im Schulgebäude ausgestellt, wo sie die momentan im LMG befindliche Wanderausstellung „Ein Leben für Recht und Republik: Ludwig Marum 1882-1934“ ergänzt.

Letztere gewährt sowohl Schülerinnen und Schüler als auch Lehrkräften einen genaueren Einblick zur Persönlichkeit Ludwig Marums. Nicht als Opfer, sondern für sein politisches Engagement und seine modernen Überzeugungen solle er in Erinnerungen bleiben, so die Ausstellungsleiter Frau Pohl und Herr Rehm bei einer Führung. Erst in den 1970er Jahren wurde unser Gymnasium in „Ludwig-Marum-Gymnasium“ umbenannt. Der Name „Gymnasium Pfinztal“ traf auf Kritik und die damalige SMV setzte sich für einen herausstechenden Namen ein. Da zeitgleich die Tochter Ludwig Marums, Elisabeth Marum, in Karlsruhe an ihren Vater erinnern wollte und geographisch naheliegende Schulen selten nach politischen Persönlichkeiten, vor allem jüdischer Abstammung, benannt wurden, lag der Name „Ludwig-Marum-Gymnasium“ sehr nahe. Dadurch entstand auch das Interesse an der Person Ludwig Marums, verbunden mit der Fragestellung, warum eine Schule nach ihm benannt werden soll. Es geht um seinen politischen Durchbruch als Sozialdemokrat, trotz der gesellschaftlichen Ablehnung von Juden, noch vor dem 17. Januar 1933 und um sein Fortschrittsdenken hinsichtlich der Gleichstellung von Mann und Frau sowie sein öffentliches Eintreten für generelle Gleichberechtigung. Nicht nur am Ludwig-Marum-Tag war die Ausstellung Anlaufstelle für viele Interessierte.

Und so endete der diesjährige Ludwig-Marum-Tag, ein Tag im Zeichen der Demokratie und Solidarität. Von einer motivierenden Rede unserer Rektorin bis hin zur eigenständigen, materialgestützten Arbeit war viel Inspirierendes dabei. Sowohl Schülerinnen und Schüler als auch Lehrerinnen und Lehrer konstatierten, es sei nicht nur eine Rekapitulation deutscher Geschichte, sondern auch ein besonderer Tag voller „Weisheiten, die einen im Leben weiterbringen“, gewesen.

SchülerInnen des Leistungskurses Deutsch, J2

 
29.02.2024