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Deportation der Juden aus Baden

Ausstellung am Ludwig-Marum-Gymnasium:

Deportation der Juden aus Baden am Beispiel der Gemeinde Weingarten

„Das Vergessenwollen verlängert das Exil, und das Geheimnis der Erlösung heißt Erinnerung. Erinnerungen zu wecken bedeutet, Vergangenes freizulegen, um mit ihm ins Reine zu kommen."
(Babylonischer Talmud)



Am 22.Oktober 1940 wurden die Juden Badens und der Pfalz in einer konzertierten Aktion der SS deportiert. Auch aus der Gemeinde Weingarten wurden damals 22 Menschen jüdischer Abstammung zusammengetrieben und auf einem Lastwagen zum Karlsruher Bahnhof gefahren, wo sie weiter in das Konzentrationslager Gurs in Frankreich nahe der spanischen Grenze gebracht wurden.
In diesem Jahr jährte sich diese Deportation zum 80. Mal.
Anlässlich dieses Jahrstages zeigte das LMG eine Ausstellung, die zuvor von Weingärtner BürgerInnen zusammengestellt worden war. Einige Klassen aus der Mittel- und Oberstufe besuchte diese zusammen mit ihren Geschichts- oder Religionslehrer/innen.
In der Ausstellung wurde deutlich gemacht, wie die Menschen innerhalb von zwei Stunden aus ihrem Leben gerissen wurden. Zwei Stunden hatten Sie Zeit, ihre Koffer zu packen, um sich dann teilweise gewalttätig von den Soldaten auf die Lastwagen treiben zu lassen.
Eine Frau - Julchen Löwenstein - wollte an diesem Tag gerade ihren Geburtstag feiern, die Kaffeetafel war gedeckt, der Gugelhopf backte noch beim Bäcker im Backofen. Da sie wusste, dass sie den Kuchen nicht mehr selber genießen konnte, rief sie auf dem Weg zum Rathaus Passanten zu, man solle ihren Kuchen doch den Armen von Weingarten geben. (Die Bäckersfrau äußerte allerdings Zweifel, ob denn überhaupt jemand etwas haben wolle von "den Juden"!)

Die Ausstellung zeigt auch auf Plakaten, wie die Kirchen in dieser Zeit des Nationalsozialismus in weiten Teilen versagt haben, indem sie "nicht mutiger bekannt, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt und nicht brennender geliebt" haben, wie die evangelische Kirche nach dem Krieg in der Stuttgarter Schulderklärung bekannt hat.
Nur einzelne Christen wagten es, gegen die Verbrechen des nationalsozialistischen Staates zu protestieren. So schrieb der Landesbischof der evangelischen Kirche von Württemberg einen Protestbrief gegen die Euthanasieaktionen, bei denen Menschen mit einer geistigen Behinderung ermordet wurden.

Ziel der Ausstellung war es, im Sinne des Talmuds daran zu erinnern und zu mahnen, dass sich ein solcher Kulturbruch nie mehr wiederhole. Solche Erinnerungen sind in einer Zeit, in der es wieder salonfähig geworden ist, diesen Kulturbruch als "einen Vogelschiss" in der großartigen tausendjährigen Geschichte Deutschlands zu bezeichnen, notwendiger denn je.
Das pädagogische Ziel einer solchen Erinnerungsarbeit mit Jugendlichen soll sicher nicht sein, in ihnen, der zweiten oder dritten Generation der Nachgeborenen, Schuldgefühle zu evozieren. Aber es ist ein wichtiges Ziel, ihnen nahezubringen, dass diese Verbrechen der Großeltern- und Urgroßelterngeneration Teil unserer deutschen Identität sind, die mit Scham verbunden ist.

Für die meisten Weingärtner Juden, die damals deportiert wurden, endete die Reise im Tod. Sie bekamen, wie es Paul Celan in seiner "Todesfuge" ausdrückte, ein "Grab in den Lüften". (Siehe unter: https://www.celan-projekt.de/todesfuge-deutsch.html )

Das Ludwig-Marum-Gymnasium dankt den Weingärtner BürgerInnen, die ihm diese Ausstellung für zwei Wochen zur Verfügung gestellt haben.
Ulf-Christof Pilgrim

 
11.12.2020