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Julius Hirsch im Schultheater
Julius Hirsch – in Szene gesetzt, in Erinnerung geblieben
Über ein Alternativprogramm der besonderen Art durften sich die SchülerInnen der zehnten und elften Klassen des Ludwig-Marum-Gymnasiums am Donnerstag in der sechsten Unterrichtsstunde freuen: das Klassenzimmer wurde eingetauscht gegen die Aula, auf deren Bühne die Klasse 10b sowie die TeilnehmerInnen des Literatur- und Theaterkurses ihren MitschülerInnen Theaterstücke über Julius Hirschs Leben präsentierten. Erarbeitet wurden die Szenen mit Sigrun Adriany-Antes, die dem Aufruf des Seminarkurses „Julius-Hirsch-Eventbox“ gefolgt war und sich mit ihren Lerngruppen dem Schicksal des einst gefeierten Fußballers theaterpädagogisch genähert hat. Durchs Programm führten Schülerinnen des genannten Seminarkurses, während einige Teilnehmerinnen des Leistungskurses Musik und die Zehntklässlerin Ophelia Baisch-Neves für eine passende und stimmungsvolle Klangkulisse sorgten: Zu hören gab es sowohl beschwingten Klezmer als auch ergreifende Popsongs.
Die Klasse 10b begann ihr Stück als Publikum bei einem Fußballspiel des damaligen Karlsruher FV zur Zeit des Nationalsozialismus: geschlossen wurde Julius Hirsch angefeuert, solange dieser im Ballbesitz war und sich dem Tor näherte. Als er jedoch verschoss, spalteten sich die Fans in jene, die den jüdischen Fußballer lautstark beschimpften und diffamierten, und jene, für welche das fußballerische Können und die Vereinstreue im Vordergrund standen. Exemplarisch nahm die Anfangsszene die darauffolgende Parallelmontage, bei welcher einerseits die aktuelle Debatte um die erneut zunehmenden antisemitischen und rassistischen Tendenzen im Fußball und andererseits ausgewählte Schicksale damaliger jüdischer Fußballer beleuchtet wurden, vorweg. Die kurze Talkrunde endete mit der Geburtsstunde des Julius-Hirsch-Preises, welcher die Breitenwirkung des Fußballsports positiv nutzen und gesellschaftliche Veränderung bewirken möchte im Gedenken an den Namensgeber. „Juller“ kam auch selbst zu Wort und erklärte eindringlich, er habe es nie für möglich gehalten, dass es so weit kommen würde: „Vom Nationalspieler herabgewürdigt zum Parasiten.“ Die SchülerInnen der Klasse 10b gaben abschließend zu bedenken: „Die Menschen von damals – sie leben, sie leben unter uns, sie leben zwischen uns, wenn wir nur wollen.“
Etwas abstrakter inszenierte der Literatur- und Theaterkurs Schlüsselszenen aus Julius Hirschs Leben: den Dienst an der Front im Ersten Weltkrieg, die beispiellose Fußballkarriere, den aufkommenden Judenhass, der zum Ausschluss aus dem geliebten Fußballverein führte sowie die in Zeitlupe dargestellte Selektion der jüdischen Gefangenen, deren Weg im Arbeitslager oder in der „Dusche“ endete. Da die meisten Szenen pantomimisch auskamen, erzielten die gesprochenen Worte – beispielsweise die Gedanken Jullers Tochter, die nicht fassen konnte, ihren Vater beim Betreten des Zuges nach Auschwitz zum letzten Mal gesehen zu haben – umso größere Wirkung. Zum Schluss zerriss die Gruppe Plakate, die mit antisemitischen Parolen beschriftet waren, und schrie: „Nie wieder Antisemitismus, Rassismus, Diktatur, nie wieder!“
Das von SchülerInnen für SchülerInnen gestaltete Programm gab zum einen Denkanstöße, berührte, machte betroffen und zeigte zum anderen den Zusammenhalt sowie das Engagement von Schüler- und Lehrerschaft. Dass die Mitwirkung an und in den Theaterstücken allen Beteiligten ein großes Anliegen war, wurde nicht zuletzt in den kurzen Interviews mit den DarstellerInnen im Anschluss an die Darbietungen deutlich. Schulleiterin Elke Engelmann konstatierte stolz: „Ich wusste es zwar schon vorher, aber spätestens jetzt weiß ich, dass ich Schulleiterin der besten Schule bin.“
Ein großer Dank gilt allen Beteiligten, insbesondere Sigrun Adriany-Antes, Axel Weinbrecht und Florian Zanger.