LMG-Tour

Hey, ich bin Ludwig! Erkunde mit mir das LMG!

Mit dem Start der Tour akzeptierst Du, dass ein für die Funktionalität erforderliches Session-Cookie gesetzt wird.

Tour starten Anmeldung Einschulung LMG A-Z

 

Euthanasie Ausstellung

Ausstellungseröffnung am 20.01.2025 „Euthanasie“-Verbrechen auf Schloss Grafeneck – eine fast vergessene Geschichte

Die „Anstalt A“ oder „Landespflegeanstalt Grafeneck“ wurde ab Januar 1940 zum reichsweit ersten Modell einer industriellen Tötungsanstalt für die Regionen Baden, Württemberg, Hohenzollern, Bayern und Hessen/Rheinprovinz für angeblich „lebensunwerte“ Menschen aus 50 verschiedenen staatlichen, religiösen und privaten Einrichtungen. Darunter wurden Menschen mit körperlichen und geistigen Behinderungen sowie psychisch kranke Menschen verstanden, die dem „rassischen Ideal“ der NS-Ideologie widersprachen.

Mit „Anstalt A“ war das im Oktober 1939 „zu Zwecken des Reichs“ beschlagnahmte Gelände, der vom evangelischen Samariterbund betriebenen Nerven- und Heilanstalt Schloss-Grafeneck, auf der schwäbischen Alb gemeint. Die Mordaktion begann am 18. Januar 1940: 25 Männer aus einer bayrischen Pflegeanstalt bei München wurden nach Grafeneck „verlegt“ und starben einen grausamen Tod in der dort eingerichteten Gaskammer.

Die „Landespflegeanstalt Grafeneck“ wurde bereits im Dezember 1940 geschlossen. Grund dafür war neben Protesten durch Angehörige, Pflegeanstalten und Kirchen wohl insbesondere der Fakt, dass die NS-Bürokraten in Berlin und Karlsruhe meinten, dass die Anstalt das eigens gesetzte Ziel für den deutschen Südwesten „erreicht hatte“. Oder anders gesagt: Die Aufrechterhaltung der Anstalt war nicht mehr notwendig, die „Mission Euthanasie“ weitestgehend „erfüllt“. Innerhalb der wenigen Monate des Bestehens der Anstalt waren über 10 000 Menschen direkt nach ihrer Ankunft aus anderen Pflege- und Heilanstalten mit Kohlenstoffmonoxid vergast und anschließend verbrannt worden. Davon kamen etwa 70 aus der unmittelbaren Nähe unseres Schulortes (Pfinztal, Walzbachtal, Singen, Grötzingen und Durlach).

Daneben gab es fünf weitere zentrale „Euthanasie“- Anstalten für die anderen Reichsgebiete, in denen 1940/41 weitere 60 000 Menschen ermordet wurden, teilweise auch unter Mitwirkung des Personals aus dem geschlossenen Grafeneck. Aber auch nach der offiziellen Schließung dieser zentralen Lager ging das Morden dezentral, in den verschiedenen anderen „Heil- und Pflegeanstalten“ weiter.

Grafeneck spielt ebenso im Zusammenhang mit der Ermordung der europäischen Juden, Sinti und Roma und anderen rassistisch verfolgten Gruppen in den ab 1941 im besetzten Osteuropa errichteten Vernichtungslagern eine entscheidende Rolle: Jeder vierte des Grafenecker Personals setzt seine Laufbahn in einem Vernichtungslager fort.

Für die in der NS-Zeit begangenen Verbrechen musste sich nur ein verschwindend kleiner Teil der Belegschaft Grafenecks in der Nachkriegszeit rechtfertigen und verantworten. Heute ist Grafeneck ein vielfältiger Ort: ein Ort der Erinnerung, Begegnung und Offenheit. Es leben und arbeiten hier Personen mit und ohne Behinderungen oder chronischen psychischen Erkrankungen. Zudem betreibt das Dokumentationszentrum wichtige Forschungs-, Bildungs- und Erinnerungsarbeit.
Mit dieser Ausstellung setzten wir am LMG eine Tradition fort, die sich mit den Folgen und Auswirkungen von Gewaltherrschaft und menschenverachtender Ideologie auseinandersetzt und sich im Sinne unseres Namensgebers Ludwig Marum für die Würde jedes Individuums in der Gesellschaft und der Achtung demokratischer Grundsätze einsetzt.

Neu im Konzept unserer Bildungsarbeit ist dabei, dass wir zu dieser Ausstellung Schülerinnen und Schüler der Klassen 9 -11 zu Multiplikatoren ausbilden ließen, die andere Klassen durch die Ausstellung führen. Dafür bedanken wir uns sehr herzlich bei der Gedenkstätte Grafeneck, die uns durch die tatkräftige Unterstützung ihres langjährigen Mitarbeiters Daniel Hildwein unterstützt hat. Am Montagvormittag fand daher ein Workshop „Schüler führen Schüler“ statt. Am Abend konnten wir die Ausstellung mit einleitenden Gedanken und Hintergründen durch Herrn Hildwein eröffnen. An dieser Veranstaltung nahmen neben Schülerinnen und Schülern auch interessierte Eltern und Lehrkräfte der Schule teil.

Wir freuen uns auf viele weitere interessierte Besucher. Für die Öffentlichkeit gibt es noch folgende Möglichkeiten, die Ausstellung zu besuchen:
Am 29.01.2025 zwischen 17.00-18.30 Uhr und am Tag der Ludwig-Marum Preisverleihung, 04.02.2025, ab 16.00 Uhr.

Rebecca Winter